4. Oldies but Goldies: �Marble Madness�

"VORSICHT! DER STAUBSAUGER!!! ... ARRRGH!"

Merkwürdige Überschrift, oder? Es gibt aber sicher ein paar (oder mehr) 
Leute, die diesen Ausruf nur zu gut kennen (ich bin einer davon ;) ). Da 
mir zu Ohren gekommen ist, dass es tatsächlich Leute gibt, die damit nichts 
anzufangen wissen, schreibe ich heute einmal über den All-Time-Klassiker 
"Marble Madness".

Tja, damals... die selige Zeit, als der Amiga wirklich noch ein Traum für 
eine Menge Leute war (zu dieser Zeit war er in Deutschland noch gar nicht 
erhältlich ;) )... Electronic Arts, eine damals eher kleine, recht neue
Spielefirma, kündigte etliche Games für die damals brandneue Plattform 
Amiga an, darunter eine Umsetzung eines Automaten-Spiels, eben "Marble 
Madness". Die Ankündigung ließ vielen Spielhallen-Freaks den Sabber die 
Mundwinkel heruntertropfen, denn die Amiga-Version sollte eine 1:1-
Umsetzung des Automaten-Vorbilds werden, mit einem kleinen Unterschied: Man 
bezahlt für theoretisch ewiges Spielen nur einmal. ;)

Als es dann endlich soweit war, konnte man sehen, dass EA ganze Arbeit 
geleistet hatte. Das Spiel war grafisch und soundtechnisch kaum vom 
Automaten-Original zu unterscheiden (ein paar Kleinigkeiten waren dann doch 
anders, das hat aber niemanden wirklich gestört. ;)

Worum geht's denn jetzt bei "Marble Madness"? Nun, vereinfacht gesagt: Man 
muss mit einer Murmel eine Art 3D-Rennstrecke absolvieren, und das in 
möglichst kurzer Zeit. Klingt im ersten Moment nicht besonders aufregend, 
ich weiß. Der Reiz des Ganzen entsteht ja auch erst durch die vielen 
unterschiedlichen Gegner und Fallen. Der absolute Hammer ist aber die 
Möglichkeit, zusätzlich zu den kleinen eingebauten Gemeinheiten, gegen 
einen menschlichen Gegner anzutreten. Wenn man sich die Screenshots 
ansieht, wird man die Tatsache bemerken, dass die "Rennstrecke" keine 
Begrenzungen am Rand hat und die eigene Murmel deshalb auch von der Strecke 
"abstürzen" kann. Die Schnelldenker unter den Lesern werden daher auch 
sofort bemerkt haben, worin der Reiz des Zwei-Spieler-Modus liegt: Selbst 
die Punkte für gute Zeiten zu kassieren und den Gegner über den Rand zu 
schubsen. Dieser erscheint zwar wieder, verliert aber ein Leben und vor 
allen Dingen Zeit. Zeit ist nämlich mit Abstand das Wichtigste bei Marble 
Madness. Schafft man es, einen Level vor Ablauf einer festgelegten Zeit zu 
absolvieren, gibt es Punkte und einen Zeitbonus, der einem im nächsten 
Level natürlich einen Vorteil verschafft.

Screenshot:
Screenshot

Screenshot:
Screenshot

Das alles klingt im ersten Moment gar nicht so schwer, aber...

Die Steuerung der Murmel ist nur ein Problem, das es zu meistern gilt. Die 
Murmel hat, wie jede Masse in Bewegung, eine gewisse Trägheit, die es bei 
einer Richtungsänderung zu berücksichtigen gilt. Es ist also nicht nur 
schnelle Reaktion gefragt, sondern auch Weitsicht und Geschicklichkeit. 
Dazu kommt, dass die Murmel bei einem Zusammenstoß mit einer anderen Murmel 
oder einer Wand das eigene Bewegungsmoment überträgt und auch das 
entsprechende Gegenmoment erfährt. Physik vom Feinsten also. 
Man kann sich vorstellen, was bei der Abwehr einer gegnerischen Murmel 
passiert, wenn man sehr nahe "am Abgrund steht": Wenn man nicht aufpasst, 
fällt man selbst runter! Das zweite Problem sind die, mitunter recht 
fiesen, computergesteuerten Gegner. Man sollte sich darauf konzentrieren, 
die Schwächen der Gegner zu nutzen. Genaue Beobachtung ihres Verhaltens ist 
hier das A und O.

Da wir gerade bei Gegnern sind: Allein die Beobachtung der "eingebauten" 
Gegner ist äußerst spaßig, denn diese sind erstklassig animiert und 
stellenweise wirklich lustig. Da wäre zum Beispiel der Staubsauger, der an 
manchen Rändern einer Strecke auftaucht. Er versucht (wen wundert's?), die 
Murmel des Spielers aufzusaugen. Wie oft habe ich meine Murmel einsaugen 
lassen, nur um die witzige Animation zu sehen...
Es gibt die schwarzen Murmeln, die, ihrem Äußeren angemessen, eine 
erhebliche Anziehungskraft auf die Murmel des Spielers ausüben und die 
"Navigation" ziemlich erschweren. Haben sie die Murmel des Spielers im 
Würgegriff, versuchen sie, diese über den Rand zu schubsen. Und da sind 
noch die niedlichen grünen Raupen. Diese wandern zuerst harmlos umher, aber 
wenn die Murmel eines Spielers in ihre Nähe kommen, verwandeln sich die 
Raupen in gefräßige Monster. Sie springen in die Luft und versuchen sich 
über die Murmel des Spielers zu stülpen, um sie zu fressen.

Screenshot:
Screenshot

Hat man die Steuerung erst mal im Griff, kommt richtig Freude auf. Selbst 
wenn man die Rennstrecke relativ friedlich absolviert, macht es einen 
Heidenspaß, über die rampenähnlichen Steigungen zu springen, die Kurven in 
bester Formel1-Manier zu nehmen, Staubsauger als Beschleuniger zu 
missbrauchen, die Anziehungskraft der schwarzen Murmeln für besonders 
elegante "Schubs-Manöver" zu nutzen und, und, und.

Die Level selbst sind ebenfalls sehr abwechslungsreich gestaltet: Es gibt 
Abgründe, die übersprungen werden müssen, Fallrohre, Mini-Ausgaben der 
Raupen und der schwarzen Murmeln (walz sie platt, und es gibt Punkte oder 
Bonus-Zeit) und sogar ein Level mit optischen Täuschungen � la Escher ist 
dabei. Man bekommt also wirklich einiges geboten.

Screenshot:
Screenshot

Probiert's selbst aus, sofern ihr einen passenden Amiga oder Emulator zur 
Hand habt. Als Download ist Marble Madness bei "AMI Sector One" 
(http://amiga.emucamp.com/marblem.htm) erhältlich. Ich gehe einfach mal 
davon aus, dass der Download legal ist (mir ist zumindest nichts 
Gegenteiliges bekannt).

Hm, irgendwie habe ich jetzt wieder Lust auf eine kleine Runde "Marble 
Madness", also werfe ich mal die Originale an (Original Amiga 1000, und da 
stopfe ich die Original-Diskette rein... ;)

Wolfgang Hosemann <whose@gmx.de>